Fehlfarben: Freitag, 04. Dezember 2015, 21 Uhr im Waldsee
neues Album: "Über... Menschen" (VÖ 25.09.2015)
"Keine Atempause, Geschichte wird gemacht - es geht voran". Der
Song "Ein Jahr (Es geht voran)" hat tatsächlich Geschichte gemacht,
ist in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und auch in puncto
Verkaufszahlen bis heute der größte Erfolg der Fehlfarben. Zugleich
war es einer der größten Hits der Neuen Deutschen Welle. Allerdings
zum Leidwesen der Band, wurde das Stück doch 1982 gegen ihren
Willen und zu einem Zeitpunkt als Single veröffentlicht als sich
die NDW auf ihrem kommerziellen Höhepunkt befand und nur noch der
Reibach im Vordergrund stand. Ursprünglich war "Ein Jahr"
Bestandteil des schon zwei Jahre zuvor erschienenen Debütalbums
"Monarchie und Alltag", das in der damaligen deutschsprachigen
Rockszene einen immensen Stellenwert erreichte. Rund 20 Jahre nach
Veröffentlichung wurden die Fehlfarben dann für 250.000 verkaufte
Exemplare und zum Stolz ihres ehemaligen Labels EMI sogar mit einer
Goldenen Schallplatte ausgezeichnet.
Das von einem funkigen, von der US-Formation Chic adaptierten Riff
angetriebene Lied ist für die 1979 gegründete Band aus Düsseldorf
indes eher untypisch. Vielmehr waren die Fehlfarben mit ihren zum
Teil sozialkritischen Texten von der britischen Punkwelle
beeinflusst, die ab 1977 nach und nach auch nach Deutschland
herüber schwappte. Sänger Peter Hein quittierte seinen Dienst zwar
bereits nach dem Erstling, dennoch gelang auch den beiden
darauffolgenden Scheiben "33 Tage in Ketten" und "Glut und Asche"
der Sprung in die deutschen Charts. Letzteres war zugleich das
erste deutschsprachige Werk, das vom Musikexpress zur Platte des
Monats gekürt wurde. Der Auflösung im Jahr 1984 folgte zu Beginn
der 1990er-Jahre eine erste Wiederbelebung in Originalbesetzung
(inklusive Peter Hein), ehe es erneut ruhig um die Band wurde. Erst
im Jahr 2002 erschien mit "Knietief im Dispo" ein neues
Lebenszeichen der Fehlfarben, welches mit einem kleinen NDW-Revival
zusammenfiel, das durch den erfolgreichen Dokuroman "Verschwende
Deine Jugend" ausgelöst wurde. Dadurch wurde das Interesse für die
ehemaligen deutschsprachigen Punk- und New-Wave-Anfänge wieder
größer und die Deutschpunk-Vorreiter gefragter denn je. Seither
haben die Fehlfarben vier weitere Alben fabriziert, die sich
allesamt in den Top 100 der nationalen Charts platzieren
konnten.
Spätestens seit den beiden Longplayern "Glücksmaschinen" (2010)
und "Xenophonie" (2012) präsentiert sich die Band wieder in
absoluter Bestform. In seiner typisch sarkastischen Art stellt
Peter Hein dem Zustand der Welt allgemein - und dem der Deutschen
speziell - ein vernichtendes Zeugnis aus. Frische Texte und
musikalisch abgezockter Waverock at its Best. Hein: "Ich bin schon
dafür, dass jeder auf seine Art vor die Schnauze kriegt." Und die
Fehlfarben haben noch nicht genug. Mit "Über... Menschen" erscheint
im September das neue Album mit 13 unaufgeregten, aus der Zeit
gefallenen und immer noch fast penibel unpathetischen Songs. Neben
vertrauten Klängen gibt es aber auch musikalische
Veränderungen bzw. Erweiterungen festzustellen: "Untergang" und
"Sturmwarnung" sind knarzig-dubby, teilweise schon fast rätselhaft.
"Urban" tendiert zum Reggae, geht aber wegen des umso wütenderen
Heins obendrauf erst recht klar. "Rein Raus" ist ein gutes Beispiel
dafür, wie die Fehlfarben musikalisch ticken: Disco-no-Disco,
Slowfox-Pogo mit einem Schwerpunkt auf Platzangst. Und
schließlich"Komitee", eine angebratene No-Wave-Funk-Nummer, die
perfekt zu den Krawallen der Expo-Eröffnung in Mailand oder der
Einweihung des EZB-Neubaus in Frankfurt gepasst hätte. Als Support
ist das Duo Die Wilde Jagd mit einer Mixtur aus Synthiepop,
Krautrock und New Wave mit von der Partie.