SoundGoRound Logo

SONAA_500



Sons Of Noel And Adrian: Samstag, 18. Februar 2017, 21 Uhr im Swamp


neues Album: "Turquoise Purple Pink" (VÖ 25.11.2016)

"Das Etikett "Folk" wird dieser außergewöhnlichen Band kaum gerecht, auch wenn neben den Akustikgitarren vor allem "klassische" Instrumente auftreten. Tatsächlich sind Folk-Motive nur eine Facette im zuweilen unvorhersehbaren musikalischen Vexierspiel der Sons Of Noel And Adrian." So befand die FAZ schon anlässlich ihres letzten Albums "Knots" (2012). Seither haben sich Sons of Noel And Adrian nur noch weiter verkrochen - in ihrem Akronym, einem minimalistischen, maskenartigen Artwork und Songlängen, die die 5-Minuten-Grenze zu keiner Zeit unterschreiten.

Folk findet hier höchstens noch in rudimentärer, stark elektrifizierter Form und bestenfalls als Ausgangspunkt einer langen Reise statt. Der schmerzhafte Bariton von Jacob Richardson wird sofort umgarnt, manchmal beinahe verdrängt von den zwei duellierenden Vokalistinnen Catherine Cardin und Emma Gatrill. Deren abstrakter Sirenengesang definiert die Lieder, während Klarinette, Trompete und Hörner Riffs tauschen und sie immer wieder in ausufernde Instrumentalpassagen münden lassen. In irrlichternde Gitarrensoli, minimalistisch dronendes Synthie-Gewebe. Wo man dabei landet, bleibt schwer zu bezeichnen. Prog Rock, Free Jazz, Neo-Klassik - Genre-Bezeichnungen gehen zügig wieder über Bord.

Obwohl die Band seit 2012 ihre Besetzung von 13 auf wesentlich handhabbarere 9 Mitglieder reduziert hat, ist das wohl markanteste Merkmal ihres dritten Albums "Turquoise Purple Pink" dessen enorme Heavyness - die Wucht mit der Schlagzeug und Bass die Lieder zusammenhalten, die miteinander verschränkten E-Gitarren, kirchengroße Orgel- und Synthesizerflächen. Viele Elemente dieses Albums sind filigran und kunstfertig, nichts daran ist leise.

Dass Sons Of Noel And Adrian live einer Naturgewalt gleichen, kann man sich schon nach einigen Takten des Openers "Perses" zusammenreimen. Tatsächlich wurden die sechs fast grenzenlosen Stücke des neuen Albums ausgiebig auf der Bühne getestet bevor die Band sie live in den Brighton Electric Studios einfing. Unter anderem spielten SONAA "Turquoise Purple Pink" in voller Länge auf dem Green Man Festival und wurden von The Observer prompt zur größten Entdeckung des Festivals ausgerufen: "In the front: two girls doing Cocteau Twins-like ethereal vocals and faultlessly choreographed dance moves, occasionally breaking off for a drum or clarinet solo. In the back: the band (three on guitar and bass, two drummers) blast out funky basslines, building crescendo and noise levels that would make My Bloody Valentine proud."

Sons Of Noel And Adrian haben sich über drei Alben hinweg gleich mehrfach neu erfunden. Ihre Besetzungsliste liest sich wie ein Best-of der britischen Folkszene. Die personellen Überschneidungen und Backing Band-Aufgaben reichen von Laura Marling über Bear's Den, The Miserable Rich, The Leisure Society bis Mumford & Sons.

Während ihr selbstbetiteltes Debüt von 2008 - damals vom Musikexpress als "Kollektivalbum des Jahres" gelobt - die Intimität und Lo-Fi Ästhetik von Bonnie 'Prince' Billy mit der Tragweite und Dynamik von Godspeed You! Black Emperor verband, markierte "Knots" 2012 bereits jenen Schritt, der bei Dylan einst " to go electric" genannt wurde und ganz neue Einflüsse erforscht. Allen voran das Gitarrenspiel der Jazz- und Postrock-Szene Chicagos mit prägenden Figuren wie Doug McCombs und Dave Pajo. Auch wenn "Knots" bereits ein reichlich solitäres Album war - "Turquoise Purple Pink" lässt all jene Verweise und Zusammenhänge nur noch weiter hinter sich. Es ist eine Art Ankunft und wie bei den Seereisen der großen Entdecker muss der Ort, den sie damit erreichen, erst noch benannt werden.